Ihr Tornado erreicht Sie in 14 Minunten
Gestern abend war das Wetter wieder etwas unruhig. Es begann mit der ersten Tornadowarnung die ich als solche gar nicht bemerkt habe, sondern nur, im Konzert sitzend, als Störgeräusch wahrgenommen habe. Die zweite Warnung war ne Stunden später, als ich gerade nach Hause fuhr. Auf dem Weg wollte ich noch Einkaufen, da hab ich auch noch nen Platz zum unterstellen.
Was war? Der Laden hatte die Türen zu. Die Kassierer guckten an den Fenstern nach draussen wie die Kunden kamen und an der Türe wieder umdrehten. Ich entschloss mich zum Warten, da ich noch Brot brauchte. Als ich versuchte durch die Scheibe Kontakt zu einem der Manager aufzunehmen, kam er schließlich und öffnete mir die Tür. Wegen der Warnung sei zu, ich könnte
nicht einkaufen. Ich könnte aber gerne reinkommen um Schutz zu suchen. "Wir sind alle hinten in der Schutzzone am Kühlregal (fensterlose Front), da sollte ich mich mit hinbegeben".
Ging also in den Laden und dachte dort kauern 50 Leute mit verschränkten Händen hinterm Kopf auf dem Boden und sagen am Handy ihren Liebsten, wie lieb sie sie haben.... Die Wahrheit war aber, dass natürlich alle weiter ihre Wägen durch den Laden schoben und beim Schutzsuchen eben weiter mal einkauften. Der Unterschied zum normalen Ladenbetrieb war eben nur der, dass man nicht in den Laden reinkommt, und dass die Kassen nicht offen sind.
Nun frage ich mich: Wie um alles in der Welt schützt mich das vor einem Tornado, wenn ich die Türen und Kassen schließe und sämtliche Mitarbeiter am Fenster gaffen lasse?
Als ich dann wieder bezahlen durfte, fuhr ich nach Hause. Mit Markus wollte ich dann noch eine brandaktuelle Folge South Park gucken, die jedoch jäh von einem eingespeistem Wetterwarnbild unterbrochen wurde. Warnung Nummer 3. Langsam wirds unglaubhaft ;)
Man solle die Radios einschalten und Kanal 11 gucken. Nach dem die restlichen 5 Minunten South Park vorbei waren (unter dem Geheul der Sirenen) schalteten wir dann mal auf Kanal 11.
Auf dem Kanal verblieben wir dann für weitere 1,5 Stunden und folgtem gespannt dem Live-Wetterprogram. (Es war das erste Mal Fernsehen ohne Werbung !)
Nicht dass das Radar an sich so spannende Bilder liefern würde, aber das Programm, die Technik und der MOderator war schon ein Erlebnis.
Wir verfolgten dann live (im Fernseher und Balkonfenster) wie eine neue Sturmfront hereinzog und knapp östlich an uns vorbeizog.
Wir wissen jetzt was ein tornadic system ist, nämlich ein Gebiet lokal hoher Scherwinde, die an Einstülpungen der eigentlichen Kaltfront auftreten. Die Systeme drehen sich mit 130km/h und mehr und haben potenzial jederzeit einen Schlauch zu produzieren.
Wir wissen, dass das Niederschlagsradar eine extrem hohe Auflösung hat und hier im 5 Minuten-Takt neue Bilder liefert.
Dass der Computer dahinter automatisch Geschindigkeit und Richtung bestimmt, dass die irgendwie eine Möglichkeit haben die Windgeschwindigkeiten straßengenau anzuzeigen.
Dass der Moderator mit seiner Maus die ganze Zeit auf dem Bildschirm hin und herfährt, zoomt, verschiebt, lokale Windunterschiede misst und sagen kann welches tornadic system sich gerade abschwächt und welches nicht.
Premium-Feature ist der Tornadofahrplan. Er klickt auf ein tornadic system, worauf der wahrscheinliche Korridor eingeblendet wird und anhand der Geschwindigkeit angezeigt wird, wann er sich in welchen markanten Punkten befinden wird. 11:01 Kreuzung US-127/I-96, 11:03 Meridian Mall, 11:04 Shady Acres Golfkurs, 11: 06 Zentrum von Popelstadt. Faszinierend!
Währenddessen telefoniert er mit den vielen Spottern, die Verrückten, die Versuchen bei regennasser Fahrbahn und Dunkelheit der sich mit 80km/h bewegenden Front mit dem Auto zu folgen um sagen zu können: Tochdown! Oder auch nicht.
Folgende Interview entstehen dann dabei: "Tom, ich stehe hier im Zentrum von Williamston. Es ist dunkel und der Regen hat aufgehört. Ich sehe keine Leute auf der Straße, einen Tornado habe ich nicht gesehen. Ich kann nicht beurteilen ob es Schäden gegeben hat, da es überall dunkel ist. Zurück ins Studio."
Für den richtigen Pep fehlt das Live-Bild... düfte doch technisch nicht so schwierig sein? Wenn die Leute schon da draussen durch den Regen fahren, sollten doch ein paar Bilder drinnen sein.
Später erfuhren wir dann noch von den Spottern, dass es kurz vor Williamston einen LKW von der Interstate gepustet hat, in Williamston der Strom ausgefallen ist und weiter nördlich das tornadic system zu einem vollwertigen Tornado geworden ist, der sich ein ganzes Weilchen durchs Land gewälzt hat. Irgendwann kam dann auch Warnung Nummer 4, Mitternacht war dann aber Ruhe und alle Fronten waren durch.
Dafür dass unsere Fenster so schon kaum halten und wir unter dem Dach wohnen, und das Haus nach Westen vollständig exponiert ist befindet sich unser Schutzzone definitiv NICHT in unserem Apartement. Aber was sollen wir im Keller? Dort riechts eklig, kein Mensch geht dahin und Fernsehen haben wir auch nicht. Also was sollen wir dort?
Aber mal ehrlich. Wäre wir in der Zugbahn gewesen, dann hätt ich auch nicht mehr am Balkonfenster gestanden...
Jedenfalls will ich nochmal festhalten, dass ich in 14 Monaten in Kansas ("Tornadoalley") eine einzelne Warnung erlebt habe für das Gebiet, in dem ich mich aufhalte, und die haben wir wegen Stromausfall auch noch alle verpasst. Michigan hatte da bisher mehr zu bieten.
Heute früh war ich übrigens (beinahe) in Williamston, dort steht nämlich eine Schlosserei, von der ich mir ein Angebot einholen wollte.
Auf dem Weg dahin sah ich tatsächlich den umgekippten (leeren) LKW, der da noch lag. Und zwar auf dem Mittelstreifen, 10 Meter von der Fahrbahn entfernt. Nur umgekippt war der definitiv nicht. Auch die zahlreichen umgeknickten Bäume in der 100 Meter Schneise zeugten davon. In den Ort rein kam ich nicht. Dienstbeflissene Polizisten hatten den Ort komplett abgesperrt, nur Anwohner kamen rein.
Ich fand die Maßnahmen etwas überzogen, muss aber gestehen, dass ich die Situation unterschätzt hatte. Laut Lansing State Journal gab es dort dann doch schon einen Tornado, darauf hatten sich die Wetterexperten dann am nächsten Morgen anhand der Schadensspuren geeinigt. Bäume entwurzelt, Häuser schwer Beschädigt, Straßen durch Stromleitungen blockiert.
Den Strom hatten sie bis 10 Uhr morgens immer noch nicht hingekriegt, (die müssen ja immer wieder so viele Masten hinstellen).
Es gab auch zwei Tote, ein Ehepaar, deren Trailerhome es zerlegt hatte, in dem sie die erste Nacht übernachteten.
Es ist aber schon makaber, wenn die Technik befähigt ein solches System minuntengenau auf 1000m zu lokalisieren, aber trotzdem Menschen sterben.
Was war? Der Laden hatte die Türen zu. Die Kassierer guckten an den Fenstern nach draussen wie die Kunden kamen und an der Türe wieder umdrehten. Ich entschloss mich zum Warten, da ich noch Brot brauchte. Als ich versuchte durch die Scheibe Kontakt zu einem der Manager aufzunehmen, kam er schließlich und öffnete mir die Tür. Wegen der Warnung sei zu, ich könnte
nicht einkaufen. Ich könnte aber gerne reinkommen um Schutz zu suchen. "Wir sind alle hinten in der Schutzzone am Kühlregal (fensterlose Front), da sollte ich mich mit hinbegeben".
Ging also in den Laden und dachte dort kauern 50 Leute mit verschränkten Händen hinterm Kopf auf dem Boden und sagen am Handy ihren Liebsten, wie lieb sie sie haben.... Die Wahrheit war aber, dass natürlich alle weiter ihre Wägen durch den Laden schoben und beim Schutzsuchen eben weiter mal einkauften. Der Unterschied zum normalen Ladenbetrieb war eben nur der, dass man nicht in den Laden reinkommt, und dass die Kassen nicht offen sind.
Nun frage ich mich: Wie um alles in der Welt schützt mich das vor einem Tornado, wenn ich die Türen und Kassen schließe und sämtliche Mitarbeiter am Fenster gaffen lasse?
Als ich dann wieder bezahlen durfte, fuhr ich nach Hause. Mit Markus wollte ich dann noch eine brandaktuelle Folge South Park gucken, die jedoch jäh von einem eingespeistem Wetterwarnbild unterbrochen wurde. Warnung Nummer 3. Langsam wirds unglaubhaft ;)
Man solle die Radios einschalten und Kanal 11 gucken. Nach dem die restlichen 5 Minunten South Park vorbei waren (unter dem Geheul der Sirenen) schalteten wir dann mal auf Kanal 11.
Auf dem Kanal verblieben wir dann für weitere 1,5 Stunden und folgtem gespannt dem Live-Wetterprogram. (Es war das erste Mal Fernsehen ohne Werbung !)
Nicht dass das Radar an sich so spannende Bilder liefern würde, aber das Programm, die Technik und der MOderator war schon ein Erlebnis.
Wir verfolgten dann live (im Fernseher und Balkonfenster) wie eine neue Sturmfront hereinzog und knapp östlich an uns vorbeizog.
Wir wissen jetzt was ein tornadic system ist, nämlich ein Gebiet lokal hoher Scherwinde, die an Einstülpungen der eigentlichen Kaltfront auftreten. Die Systeme drehen sich mit 130km/h und mehr und haben potenzial jederzeit einen Schlauch zu produzieren.
Wir wissen, dass das Niederschlagsradar eine extrem hohe Auflösung hat und hier im 5 Minuten-Takt neue Bilder liefert.
Dass der Computer dahinter automatisch Geschindigkeit und Richtung bestimmt, dass die irgendwie eine Möglichkeit haben die Windgeschwindigkeiten straßengenau anzuzeigen.
Dass der Moderator mit seiner Maus die ganze Zeit auf dem Bildschirm hin und herfährt, zoomt, verschiebt, lokale Windunterschiede misst und sagen kann welches tornadic system sich gerade abschwächt und welches nicht.
Premium-Feature ist der Tornadofahrplan. Er klickt auf ein tornadic system, worauf der wahrscheinliche Korridor eingeblendet wird und anhand der Geschwindigkeit angezeigt wird, wann er sich in welchen markanten Punkten befinden wird. 11:01 Kreuzung US-127/I-96, 11:03 Meridian Mall, 11:04 Shady Acres Golfkurs, 11: 06 Zentrum von Popelstadt. Faszinierend!
Währenddessen telefoniert er mit den vielen Spottern, die Verrückten, die Versuchen bei regennasser Fahrbahn und Dunkelheit der sich mit 80km/h bewegenden Front mit dem Auto zu folgen um sagen zu können: Tochdown! Oder auch nicht.
Folgende Interview entstehen dann dabei: "Tom, ich stehe hier im Zentrum von Williamston. Es ist dunkel und der Regen hat aufgehört. Ich sehe keine Leute auf der Straße, einen Tornado habe ich nicht gesehen. Ich kann nicht beurteilen ob es Schäden gegeben hat, da es überall dunkel ist. Zurück ins Studio."
Für den richtigen Pep fehlt das Live-Bild... düfte doch technisch nicht so schwierig sein? Wenn die Leute schon da draussen durch den Regen fahren, sollten doch ein paar Bilder drinnen sein.
Später erfuhren wir dann noch von den Spottern, dass es kurz vor Williamston einen LKW von der Interstate gepustet hat, in Williamston der Strom ausgefallen ist und weiter nördlich das tornadic system zu einem vollwertigen Tornado geworden ist, der sich ein ganzes Weilchen durchs Land gewälzt hat. Irgendwann kam dann auch Warnung Nummer 4, Mitternacht war dann aber Ruhe und alle Fronten waren durch.
Dafür dass unsere Fenster so schon kaum halten und wir unter dem Dach wohnen, und das Haus nach Westen vollständig exponiert ist befindet sich unser Schutzzone definitiv NICHT in unserem Apartement. Aber was sollen wir im Keller? Dort riechts eklig, kein Mensch geht dahin und Fernsehen haben wir auch nicht. Also was sollen wir dort?
Aber mal ehrlich. Wäre wir in der Zugbahn gewesen, dann hätt ich auch nicht mehr am Balkonfenster gestanden...
Jedenfalls will ich nochmal festhalten, dass ich in 14 Monaten in Kansas ("Tornadoalley") eine einzelne Warnung erlebt habe für das Gebiet, in dem ich mich aufhalte, und die haben wir wegen Stromausfall auch noch alle verpasst. Michigan hatte da bisher mehr zu bieten.
Heute früh war ich übrigens (beinahe) in Williamston, dort steht nämlich eine Schlosserei, von der ich mir ein Angebot einholen wollte.
Auf dem Weg dahin sah ich tatsächlich den umgekippten (leeren) LKW, der da noch lag. Und zwar auf dem Mittelstreifen, 10 Meter von der Fahrbahn entfernt. Nur umgekippt war der definitiv nicht. Auch die zahlreichen umgeknickten Bäume in der 100 Meter Schneise zeugten davon. In den Ort rein kam ich nicht. Dienstbeflissene Polizisten hatten den Ort komplett abgesperrt, nur Anwohner kamen rein.
Ich fand die Maßnahmen etwas überzogen, muss aber gestehen, dass ich die Situation unterschätzt hatte. Laut Lansing State Journal gab es dort dann doch schon einen Tornado, darauf hatten sich die Wetterexperten dann am nächsten Morgen anhand der Schadensspuren geeinigt. Bäume entwurzelt, Häuser schwer Beschädigt, Straßen durch Stromleitungen blockiert.
Den Strom hatten sie bis 10 Uhr morgens immer noch nicht hingekriegt, (die müssen ja immer wieder so viele Masten hinstellen).
Es gab auch zwei Tote, ein Ehepaar, deren Trailerhome es zerlegt hatte, in dem sie die erste Nacht übernachteten.
Es ist aber schon makaber, wenn die Technik befähigt ein solches System minuntengenau auf 1000m zu lokalisieren, aber trotzdem Menschen sterben.
nullnullschneider - 20. Okt, 05:57