Donnerstag, 29. November 2007

Road Trip Stories

Jaja, es wird Zeit für ein paar Berichte und Bilder. Montag war Heimatkundeabend bei uns in der WG, da haben wir alle Michael Moores Roger and me gesehen, seine erste Doku über den Niedergang der Automobilindustrie in Flint, Michigan. Das war in den 80ern. Heute gehts dieser Stadt offenbar immer noch nicht besser. Kürzlich kam dieses Nest in der US-Kriminalstatikstik auf den 3. Platz hinter Detroit und Saint Louis.
Jedenfalls kam entgegen oft gehörter Empfehlungen der Wunsch unsererseits auf Flint doch mal zu besuchen (Ich hätte die Top3 dann vollständig;).
So lange ein Deutschland-Tourist nicht in Hoyerwerda war, kann er auch nicht behaupten, er hat alles von Sachsen gesehen, richtig?

Übernächste Woche kommt dann ein neuer Heimatkundefilm: Eight Mile. Der passende Ausflug nach Detroit ist für Sonntag in Planung :)

Aber zurück zum Kurzausflug. Mittwoch nach dem Mittag fuhren wir gerade Richtung Süden. Wie versprochen war der Verkehr dicht und es regnete fast die ganzen acht Stunden lang, aber es rollte.


Gegen 10 Abends erreichten wir Saint Louis wo wir bei Jenny und Darla, Gastgeschwister von Maria, Quartier bezogen.
Das Quartier war übrigens ein Loft mit 2 Zimmern in der neunten Etage eines schick hergerichteten Hauses Dowtown. Auf dem Dach gibts ein Fitnessraum, Pool, Fernsehlounge und einen großartigen Blick auf den Saint Louis Arch. Die größte Frechheit ist jedoch nicht, dass andere Leute so stylisch wohnen, sondern dass unsere Bruchbude im kaffigen Lansing genausoviel Miete kostet wie ein 2-bedroom-loft downtown Saint Louis.



Am nächsten Morgen gings zeitig raus, da ich das Auto umparken musste, da man nur bis um sieben kostenfrei an der Straße parken darf. Jenny und Darla mussten auch zeitig los nach Hause zur Familie, da fing der Tag wenigsten zeitig an.
Draußen, quasi vor der Tür, war große Parade. Bei 0 Grad und steifer Briese in den Hochhausschluchten waren die Leute dick eingepackt und mit heißer Schokolade angereist. Schlechter vorbereitet waren da die zahlreichen High School Marching Bands und ganz besonders deren Fahnenmädels, die handschuhlos an den Metallpfosten nur aufgrund des Zitterns noch nicht festgefroren waren.
Im Gegensatz zu Michigan war es vier Tage vor unserer Ankunft da im Süden noch 25 Grad warm und der Winter hatte gerade erst zugeschlagen.



Wir bestaunten nun die in einer Parade üblichen Bands, Polizeiautos, Politier, gigantische Heliumgefüllte Tiere, Rennautos, Motorrad-Rockerbanden und zahlreiche Miss Sonstewas.



Von der Parade war es dann nur noch ein Katzensprung zum Misissippi, wo auch das Wahrzeichen, der gigantische Arch steht.



Gegen 11 stiegen wir ins Auto zur Weiterreise und freuten uns fürstlich über die Motorwärme. Beim Ausfahren aus der Stadt konnten wir auch gleich nochmal unsere Großstadttauglichkeit ins Sachen Nerven und Verkehrsfluss testen. Express lane, business route und 5 stöckige Interstate-Kreuzungen sind da schon lange kein Geheimnis mehr für mich.
Weitere Testgelände waren Chicago und Kansas City auf der Rückreise, sowie Denver, Salt Lake City und Las Vegas aus vergangenen Trainingseinheiten.



Die folgenden 5 Stunden führten uns unspektakulär durch den Bundesstaat Missouri, wo wir an 3 Abfahrten herunterfahren mussten, bevor wir endlich ein offenes Fastfood-Restaurant (Danke Wendys) gefunden hatten. Gut, es ist Feiertag, aber ein so flächendeckendes Schließen von lebenserhaltenden Dienstleistern habe ich noch nie erlebt.

Pünktlich mit dem Betreten von des Bundesstaates Kansas kam die Sonne hervor und kurze Zeit später waren Wolken ganz weg. So kenne ich das :-)
Noch kurze Zeit später standen wir in einem echten Stau. Schwerer Unfall, Auto auf die Gegenfahrbahn geraten, Überschlag, zwei Hubschrauber, drei Feuerwehren und das ganze Arsenal an Sheriff, Police, High Way Troopers und Unfallforschung war anwesend.
Obwohl ringsum NICHTS war, weder Zäune noch Leitplanken (wie überall) standen wir da wohl ne dreiviertel Stunde rum, und das so kurz vor dem Ziel.

Im dunkel kamen wir dann bei meinen Gasteltern an, wo sich die ganze Familie noch vom Festessen versammelt hatte und wir wir einen sehr lustigen und turbolenten Abend verbrachten.

Freitag Morgen gingen wir auf Ziegenjagd. Ein paar Ziegenböcke (auf der Ziegenfarm meiner Gasteltern) bedurften fußkosmetischer Maßnahmen, entzogen sich aber aufgrund eingeschränkter Mobilität und Agilität meiner Gasteltern dem Zugriff. Ausgerüstet mit warmen Arbeitsoveralls (ja, es waren echte stinkende Böcke) haben wir alle nacheinander fangen können. So bekamen wir auch gleich eine kleinen Rundgang durch die Farm.




Um Markus noch ein bisschen was touristisches zu bieten sind wir in ein Nachbarort gefahren (50km) und haben uns dort in den "National Grasslands" (also ein National Park ohne Bäume...) ein bisschen echtes Nichts angeschaut.



(Stimmt nicht ganz. Im Hintergrund sieht man später angepflanzte Bäume sowie eine Schule(!))

Auf der Rückreise ging es dann noch durch Cottonwood Falls, ein kleines unschuldiges Nest das sämtliche Klischees erfüllt. Zum Beispiel dass man argwöhnisch angeschaut wird, aber trotzdem von jedem gegrüßt wird.
Achja, am nächsten Tag gabs das große Country Christmas. Das kommen die 200 Einwohner auf die Mainstreet und zünden den Weihnachtbaum an, haben dann eine Tombola und gehen hinterher zum Fruit Cake Toss. (Was es genau mit dem Umherwerfen von Früchtekuchen auf sich hat und inwiefern das im Bezug zur Bibel steht ist mich nicht klar, es ist auf jeden Fall aber ein klares small town thing.



Der nächste Morgen begrüßte uns mit 5cm Neuschnee, der aber schnell dahinschmolz. Da wohnt man nun in Michigan, einem der Froststaaten und fährt mal für 2 Tage nach Kansas.... und Schwupps.
Der Tagesausflug ging dann diesmal in die andere Richtung zu einem erst kürzlich eröffneten Museum in einem Salzbergwerk. Wir sind 45 Minunten gefahren und haben zwischen den beiden Orten exakt 2 Straßen benutzt und sind einmal abgebogen. Kansas eben.
Das Museum war ganz witzig aber nicht sonderlich aufregend.
Besonders witzig fand ich den obligatorischen Souvenirladen mit den obligatorischen T-Shirt mit Minenaufdruck. Wer aber mal wirklich richtig Untertageaction haben möchte, dem empfehle ich das Silberbergwerk in Freiberg!
Der Abend wurde mit intensiven Football-Schauen verbracht.

Sonntag morgen. Abschied. Rückfahrt antreten. 14 Stunden reine Fahrzeit. Der ursprüngliche Plan war nur einen Teil zu fahren und von einem billigen Motel bei Chicago den Rest so zeitig am Morgen zu fahren, dass wir direkt zur Arbeit kommen.
Zuerst ging es durch Nebel der die Landschaft mit zauberhaftem Reif überzog. Bis nach Kansas City waren es 2,5 Stunden. Der Verkehr war angenehmerweise so dünn, dass ich in dieser Zeit vielleicht 10x die linke Spur genutzt habe und 4x das Bremspedal. Das nenne ich relaxtes Autofahren.

Durch Kansas City hindurch weiter gerade Richtung Norden bis zur Hauptstadt von Iowa: Des Moines. Hiermit hatten wir nebst Michigan, Indiana, Illinois, Missouri, Kansas unseren sechsten Bundesstaat abgehakt.
14:00 waren wir auf der Interstate 80, eine der Hauptverkehrsschlagadern in Ost-West-Richtung, die auch geradzu bis nach Chicago führt. Und da ging das Gehacke auch schon los. Autos dicht an dicht. Aus Sicherheitsabständen wurden nur noch Abstände. Geschwindigkeitsbegrenzungen wurden kollektiv um mindestens 15 Meilen pro Stunde nach oben korrigiert und auf der linken Spur drängelten sich ständig die LKWs rein und verursachten üble Bremsattacken. Stress pur - und nur noch 5 Stunden bis Chicago!

Die sonst so gemütlich fahrenden Amerikaner fingen hier im Reisestress plötzlich an durchzudrehen. Sobald man sich einen Sicherheitsabstand ließ, zog jemand rein, nachdem er beim Rechtsüberholen den Stinkefinger gezeigt und gehupt hatte.

Glücklicherweise verlor sich der Verkehr nach einem Stau mehr und mehr und man fuhr wieder mit der landesweit üblichen Geschwindigkeit von 5..10 Meilen pro Stunden über dem Limit. Da waren es nur noch drei Stunden bis Chicago. Das gab uns Gelegenheit uns das schöne Iowa anzuschauen.
Iowa ist sowas wie Kanas, nur mit mehr Hügeln und mehr Farms, ansonsten aber nichts drin.
Wenn ich 5 Stunden von Dresden nach München fahre, da kommen so psychologisch wirkende Zwischenetappen: Chemnitz, Vogtland, Hof, Regensburg, A9... kleine Schritte zum Ziel.
Hier verlässt man Des Moines und als nächstes kommt Chicago. Dazwischen sieht es fünf Stunden so aus:



Und so:



Zum Glück wars dann bald dunkel... das war abwechslungsreicher.
Als wir uns Chicago näherten hatten wir irgendwie das "Wir-sind-da"-Gefühl und es stand fest, dass wir durchfahren. Ein Mahlzeitenstopp bei Hardees beschwerte uns einen großen Burger, mit Pommes Frites und ner Cola (was sonst?).
Vom Wir-sind-fast-da-Ort waren es dann nur noch lächerliche 3 1/2 Stunden bis Lansing. Zuzüglicher einer Stunde Zeitzonenkorrektur waren wir Montag morgen um eins wieder da und entfalteten uns langsam aus den Autositzen.

Stolzerweise muss ich nochmal mein 14 Jahre altes Meftl mit Tachostand 225.000km erwähnen, dass uns auf diesem Wochenendausflug nicht im Stich gelassen hat und sich mit sparsamen 6..7 l/100km begnügt hat.

Dass die Amis hier mal schnell quer durchs Land fahren ist total normal. Auf dem Parkplatz vom Salzbergwerksmuseum fanden wir von ca. 40 Autos 9 aus anderen Staaten abgesehen von Kansas. Die eine Lady im Souvenirladen erzählte uns, dass sie Weihnachten immer nach Washington DC fährt. 22 Stunden, und zwar durch!
Oder unser Kollege, der im Alleingang die Familie an der Ostküste besucht hat. Donnerstag hin, Samstag zurück. 13 Stunden pro Strecke.

Dagegen sind wir Europäer doche Weicheier und elende Spritgeizer!

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