Sonntag, 16. September 2007

Zapfenstreich

Leo's Lodge, unsere Neighborhood-Bar. Ringsherum befindet sich ein Parkplatz, eine Waschanlage und eine Tankstelle. Davor die Jolly-Road, fünfspuring ausgebaut. Gegenüber McKing und BürgerDoof. Drinnen ists aber okay. Nach 9pm kommt man nur noch mit Altersnachweis rein.
Als wir gestern Mitternacht vom Derby zurückkamen, sind wir noch rüber, weil wir den Abschied von zwei Kollegen begossen habe, die heute, Samstag, zurückgeflogen sind.
Was einem als Europäer wirklich sauer aufstößt ist nicht nur das amerikanische Bier, sondern auch folgende zwei Tatsachen.

Man bekommt hier die Rechnung ziemlich bald. Ich hatte gestern mein Maß Bier (Labatt Blue - Import aus Kanada, USD 5,50) gerade erstmal angenibbt, da hatte ich schon diskret die Rechnung zugesteckt bekommen. Wohlgemerkt handelt es sich nicht um ein Sofortbezahlen, was man in vollen Kneipen oder Studilokalen findet.
Ich hatte gerade ein zweites Mal genibbt, als sie schon wieder vorbeikam und dieses kleine Lederetui mitnehmen wollte. Beim dritten Mal hatte ich sie dann soweit. Fortan hat sie es ignoriert und liegen gelassen, bis ich ihr es persönlich gegeben hatte.
Dass mag von mir unfair gewesen sein, da sie, so habe ich es von unseren social coaches (die Fraunhofer US-Studenten) erfahren, sich wie erwartet verhalten hat: Nie den Gast auf die Rechnung warten lassen. Notfalls gibts später eben immer ne neue Rechnung. Andererseits fühle ich mich drastisch genötigt innerhalb von 2 Minunten ein Bier zu zahlen, dass ich gerade erstmal angenibbt habe.
Tja man sieht, dass sich zwischen den Kulturen hier unüberwindbare Barrieren aufbauen :)

Die zweite Sache ist: Der Laden macht um 2am zu, weil es so ein Gesetz gibt. Für eine Studentenstadt wie Lansing / East Lansing ist das schon traurig. Aber es soll ja auch Ort mit Ausgehverbot nach 10pm gehen. So gesehen ist ja noch liberal.
Da ganze läuft dann so ab. 2:04am Musik aus, Licht volle Kanne an. Gläser werden erbarmungslos weggeräumt, solange man sie nicht festhält. Tische werden demonstrativ abgewischt und ab 2:10am ruft der Barkeeper regelmäßig rüber: It's time to go.
Diese Aufforderung zeigte bei 10 angetrunkenen Deutschen in Kneipenlaune natürlich wenig Wirkung. Nach weiteren 2 Minunten Bedenkzeit verlor er dann seine Beherschung und schrie uns an, dass wir uns gefälligst vom Acker machen sollen. Das machte er so eindrucksvoll, dass wir nach Abwägung der Konsequenzen dies tatsächlich auch taten.
Angeblich setzt die Polizei diese Verordnung erbarmungslos durch und überlässt es dann dem Kneiper sich seine Kundschaft zu vergraulen.
Zumindest bin ich noch nie so verstört aus einer Kneipe gegangen und versuche gerade meinen Stolz zu überwinden und da wieder hinzugehen. Vermutlich wird mir angesichts der lokalen Alternativen (Milch-Shake bis 11pm bei McDonalds, 24-Instant-Kaffe an der Tanke) aber wohl nichts anderes übrig bleiben.

Herbsteinbruch

Der Herbst hat uns erwischt. Zum Glück noch kein deutscher Herbst mit Regen, Nebel und Modergeruch. Bisher wurde es nur richtig plötzlich kalt. Letzte Woche Baden, Segeln. Diese Woche 4 Grad über Nacht. Am späten Nachmittag schafft es die Sonne auch nochmal auf 20 Grad, aber der Wind tut sein übriges.

Mental war ich darauf nicht vorbereitet und ich bin erst am dritten Tag auf die Idee gekommen eine Jacke anzuziehen. Gestern, zum Demo-Derby hatte ich es noch mit mehrlagigen Pullis versucht. Aber mit 3 Pullis auf einer offenen Tribüne windige 5 Grad im Flachland für mehrere Stunden abzuhalten ist nun einfach mal nicht möglich. Auf dem Rückweg habe ich mit Genugtuung festgestellt, dass in meinem Geo die Heizung funktioniert. Sehr schön!

Mehrfache Fahrerflucht

Dem gescheiterten Versuch vom letzten Samstag ein Demo-Derby zu besuchen folgte nun ein erfolgreicher. Freitag nach der Arbeit sprang ich mit Markus ins Auto und fuhr nach Munger, Michigan. Inklusive Staus (ja, sowas gibts hier wirklich) waren wir auch pünktlich halb acht "oben". Das Freitags-Event waren "nur" die Läufe in der Fronttriebler-Klasse. Samstag dann Hecktriebler und V8-Motoren.
Ich schätze mal weitere 500 Leute (Familien, highschoolers, rednecks, vor allem locals) hatten sich im Renngelände eingefunden, was so ziemlich mitten im Nichts lag. Da kam richtig Kansas-Heimweh auf.
Der Schlammplatz ist kleiner als ein Fußballfeld. Pro Rennen fahren etwa 6 Autos in die Arena ein, die ringsrum mit Leitplanken abgezäunt ist. Zwei riesige alte Reifen geben grob die 8-förmige Rennstrecke vor.
Nach dem fliegenden Start werden 15 Runden gefahren, wer zuerst ankommt, hat gewonnen. Rammen, abdrängen, behindern, alles erlaubt.

Was sich dann auf dem Platz abspielt ist ein Fest für alle Sinne: Der Geruch von Gummi, verbranntem Öl und Kupplungsabrieb, das Vibrieren der auspufflosen Motoren, das Knallen der Fehlzündungen, Reifenplatzer, der herumfliegende Schlamm und zu guter letzt funkendes Metall, qualmende Reifen und Motoren. Dass dieser würdevoller Abgang auf dem Weg zum Autohimmel den europäischen KFZ vorenthalten bleibt, ist ein Jammer. (Laut Wikipedia aus Umweltschutzgründen. Angeblich könnte es vorkommen, dass Öl austritt ... )

Es ist ein Spass zu sehen, wieviel Schaden so ein PKW tatsächlich abhält. Dass er nach einem Überschlag immer noch fährt. Dass auch ein Fronttriebler mit einem Vorderreifen noch Kurven fahren kann. Dass ein Kleinwagen mit gebrochender Hinterachse immer noch um die Runden kommt.

Im Gegensatz zum klassischen Demo-Derby, wo einfach geschrotet wird, bis nur noch einer fährt, findet man beim "Figure 8 Derby" deutlich mehr Dynamik, da man vor allem schnell sein will.
Den Thrill erhält der Wettkamp durch die Kreuzung in der Mitte. Vorfahrtsregeln gibt es keine, allerdings ein Tabu: Man darf die Fahrertür nicht rammen. Aber natürlich davor und dahinter :) Weitere Sicherheitsmaßnahmen sind zum Beispiel, dass alles Glas vom Auto entfernt wird und ein neuen, kleiner Tank eingebaut werden muss. Helm ist auch Pflicht, außerdem wird die Strecke regelmäßig gewässert, damit sie schlammig bleibt und nicht "zu schnell" wird.

Nach den 15 Runden werden die liegengebliebenen Autos herausgezogen und der nächste Vorrundenlauf kommt dran. Die Gewinner haben dann ca. 30 Minunten Zeit ihre Karre fürs Finale, also weitere 15 Runden fit zu machen. Üblicherweise kommen da Hammer und Brecheisen zum Einsatz um die Radkästen wieder freizubiegen und Reifen wechseln zu können.

Im großen und ganzes ein sehr unterhaltsames und ultraamerikansiches Ereignis. Im Vergleich zu den "noblen good family guy Rodeoklientel" mit Cowboyhut gab es hier diesmal viele Basecaps, Bier im Freiverkauf und Leute mit abgetragenen T-Shirts mit dem Spruch got beer? (In Anlehnung an die Schülerkampagne für gesunde Ernährung got milk?

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