Nur wer wagt, gewinnt

Der Entschluss war recht kurzfristig gefasst: Markus, der "Neue" und ich wollen übers lange Wochenende zu den Sleeping Bear Dunes National Lakeshore, eine offenbar schützenswerte Küstenlandschaft am Lake Michigan, diesmal auf der südlichen Michigan-Halbinsel. Die Tour gehört hier zum Standardprogramm. Da bis auf Markus alle schon dort waren und außerdem der Sommer ja nicht mehr ewig währen wird, hatten wir eigentlich keine andere Wahl :)

Zelt wurde gebort, Schlafsäcke und Matten gehören zum Inventar und ein Kocher nachgekauft. Allerdings waren da noch die WArnungen der Einheimischen: Wer übers Labor Day wochenende dort Zelten will muss entweder ein Jahr vorneweg reservieren (die großen Nationalpark-Campingplätze) oder am besten schon Mittwoch hochfahren, Zelt aufbauen und einen Stellplatz reservieren (auf den Primitiv-Campingplätzen der öffentlichen Ländereien). Naja, no risk no fun. Samstag morgen ging es los. Nach 4 1/2 Stunden waren wir schon nahe an der Küste und steuerten den ersten, großen public campground an. Wieder mal ging es über unbefestigte Wege durch den Wald. Zwar nur kurz, mein gewaschenes Auto ist aber wieder eingesaut.
Und Bingo! Ein paar freie Plätze waren noch da. WIr haben dann erstmal Zelt aufgebaut. Der Dauercamper vom Dienst dort erzählte uns aber, dass dieses Jahr besondere Umstände waren, da ein Lagerfeuerverbot erst vor kurzem aufgehoben wurde, und deshalb viele der pyromanischen US-Camper weitergefahren sind. Soll mir recht sein.
Ansonsten gabs den üblichen Komfort: Plumpsklo, Wasserpumpe, See nebenan, mindestens 10 Meter Wald bis zum Nachbar. 15$ die Nacht.
Private Campingplätze in der Gegend nehmen doch tatsächlich 40...55 $ die Nacht! Dafür kann man in Las Vegas im Motel übernachten.

Es folgte der obligatorische Besuch im Visitor Center, anschließend gings zum beachen. Flache Sandstrände, warmes Wasser, Sonne und ein unendliches Süßwassermeer - Lake Michigan ist wie Lake Superior schon eine Wucht zum Baden.

Tag zwei folgte wie immer mit einer verzwickten Anreise von etwa 20 Minunten, die aufgrund grob mangelhafter Navigierungserfahrungen mitfahrender Personen auf circa 30 Minunten und mehr ausgedehnt wurden. (Ja, wir sind einmal im Kreis gefahren. Zum Glück habe ich ein gutes fotografisches Gedächtnis - Markus wäre es wohl erst später aufgefallen.)
Hauptprogramm Tag 2: Düne hochlaufen. Die Seewinde und Sedimente der Eiszeit haben dort einen etwa 1..2 km breiten Dünenstreifen aufgeweht, der nur sehr spärlich bewachsen ist und an vielen Stellen große freie Sandlfächen aufweist. Treffenderweise war es an diesem Tag sehr windig und man bekam einen guten Eindruck, wie die Landschaft dort tatsächlich ensteht.
Unser Weg führte uns vom großen Parkplatz über die erste "Familiendüne" auf einer Sandspur etwa eine Stunde bis direkt ans Wasser. Wie immer nahm die Anzahl der Personen exponentiell mit dem Abstand vom Parkplatz ab, was wir sehr genossen haben. Das Laufen war erwartungsgemäß ziemlich anstrengend und nur barfuß oder mit Sandalen erträglich. Einige Amerikaner, stilecht mit weißen SOcken und Tennisschuhen, probierten es trotzdem auf die harte Tour.

Am Wasser dann das ultimative Wellenbad! Große Wellen brachen sich und sorgten für reichlich Nervenkitzel, zumal das Ein- und Aussteigen aus dem Wasser sowie die seitliche Strömung schon nicht ohne waren. Baden, Nickerchen und dann zurück durch die verschiedensten Nebenstraßen von Nordwest Michigan. Abendbrot wurde aus der Konserve zusammengekocht und hinterher gabs ein Bierchen am See, inklusive Mondaufgang. Maximale Campingatmosphäre. Gnädigerweise waren auch die Temperaturen sehr mild, sodass die extra Decken gar nicht zum Einsatz kommen mussten.

Tag 3: Ein Scienic Drive stand noch an. Naturangucken auf Amerikanisch. Eine schmale asphaltierte Straße windet sich durch Wälder und Dünen und es gibt aller ein paar hundert Meter einen kleinen Parkplatz. Man hält an und guckt sich die Schautafeln an und fotografiert die tolle Aussichten. Schwupps wieder rein ins Auto und weitergefahren. Das kleine Highlight war aber Stop #9: Michigan Lake Overlook. Eine Platform über der letzten finalen Düne, die an dieser Stelle stattlichen 150 Meter hoch über den See hinaufsteigt.

Von dort gibt eine Spur nach unten bis an Wasser. 150 Höhenmeter Sand mit Schüttkegel-Neigung. Oben natürlich die obligatorischen Warnschilder. Achtung nicht machen. Aufstieg dauert lange, ist gefährtlich, tut weh. Vorbeigehende Großväter erklären ihren bettelnden Enkeln, dass sie früher das mal gemacht haben, und das hat ewige 3h gedauert wieder hoch. Das würden sie nie wieder machen die Tortour. Je mehr wir dort standen, desto mehr wollten wir das machen. Gesagt getan. Wasserflasche geholt, Balast abgelegt und Zeit gestoppt. 5 Minunten runter, wobei das recht witzig war, wie ein Mondastronaut dort runterzuhüpfen. Hochzu waren es 20 Minunten straffes Steigen. Anstrengend und mühsam, aber kein Ding der Unmöglichkeit. Unterwegs überholten wir einen jungen Moppel-Amerikaner, für den das Warnschild oben eigentlich gedacht war. Der war völlig entkräftet und lag die meiste Zeit auf dem Bauch auf dem Sand, während seine Kumpels in der Zwischenzeit oben waren und Wasser geholt haben.

Nachmittags waren wir noch in einem Maritimmuseum um die Ecke. Es erzählte von der gefährlichen Ära der Binnenschifffahrt ab 1850, von den Leuchttürmen und den zahlreichen Rettungsmanschaften und deren Rettungsmethoden. Dass dieser paradiesische Badesee im Umkreis von 20 km über 100 Schiffe verschluckt hat, möchte man da kaum glauben. Auf jeden Fall haben wir Lust bekommen dort im WInter nochmal hinzufahren. Es soll dort Unmengen von Schnee geben und die Uferzonen durch die Feuchtigkeit meterdick vereisen.

Abschlussbaden bis um 6, Abendbrot in der Dorfspelunke, dann Heimfahrt, Ankunft gegen halb 12.
Insgesamt ein tolles Wochenende mit bestmöglichem Wetter und schönen Eindrücken von der Landschaft. Verglichen mit anderen Nationalparks war dieser klein und nicht sehr "wild", aber trotzdem einzigartig.
Für mich als Europäer ist die touristische Nutzung des umlandes allerdings unverständlich. Eisdielen, Restaurants am Meer, Fischergaststätten, Pensionen, Kurhäuser sucht man vergebens. 16:00 Uhr ist Zapfenstreich, von der Dorfspelunke abgesehen. Das wäre mit Sylt und Hiddensee (und diesen Vergleich scheue ich nicht!) nicht so.
Stattdessen findet man an jedem der zahlreichen Binnenseen ringsrum unendliche viele private Grundstücke. Meistens nimmt man diese nur durch den Briefkasten an der Straße war, wo eine kleine staubige Straße abgeht. Überall Menschen, Autos, aber kein Gewerbe. Wovon leben die Menschen dort? Müssen Renter und Sommerfrischler sein, anders kann ich es mir nicht erklären.

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